Was tun, wenn ein Kompromiss nicht möglich ist, wenn es nur ein Entweder Oder gibt. Darüber diskutieren zwei Paare, deren halbwüchsige Söhne in ein Verbrechen mit tödlichem Ausgang verwickelt
sind, in einem Nobelrestaurant. Im Gegensatz zu dem niederländischen Originaltitel "het diner" (Das Abendessen), zeigt der Titel "Angerichtet" in mehrdimensionaler Hinsicht eine Dramatik auf, die
damit treffend bezeichnet wird. Ausgangslage des Romans ist die Tötung einer wehrlosen Obdachlosen durch zwei Jugendliche, die Söhne der zwei Paare, die nicht ermittelt werden können. Nur die
Eltern wissen durch ein ins Internet gestelltes Video davon, dass es ihre Söhne sind. Ihre Zukunft soll dadurch nicht verbaut werden.
Angerichtet werden die köstlichen Kleinigkeiten des Menüs, präsentiert mit der manchmal verstörenden Poesie der Sterne-Gastronomie. Angerichtet wurde ein schweres Verbrechen und noch immer wird
etwas angerichtet in den betroffenen Familien. Als gegen alle Erwartungen ausgerechnet der erfolgreiche Politiker Serge erklärt, von seinen Ämtern zurücktreten zu wollen und damit die
Verurteilung der Kinder heraufbeschwört, eskaliert die Situation und mündet in einem weiteren Verbrechen. Serge wird Opfer eines Attentats und schwer verletzt. Er kann seine Botschaft nicht mehr
übermitteln.
Der Autor versteht es hervorragend, die menschlichen Abgründe zu beschreiben, zu denen anscheinend ganz normale Menschen fähig sind, wenn sie ihre geplanten Intentionen nicht verwirklichen
können. Die Charaktere verlieren im Laufe des Romans zunehmend ihre vermutete Identität und verwandeln sich in Personen, die aus dem Rahmen der Erwartungen fallen. Häppchenweise serviert Herman
Koch charakterliche Eigenarten. Er lässt uns subtil hinter die Fassaden blicken, was letztlich zu dem logischen Schluss führen muss, dass die Personen sich nicht wirklich verändert haben, sondern
erst jetzt in der selbstgebauten Falle ihre wahre Identität offenbaren.
Eine Spannung, die langsam aufgebaut wird, und den Leser bis zum Schluss im Ungewissen lässt. Der Roman enthält großen Interpretationsspielraum und damit viel Diskussionsgrundlage für Gespräche.
Kommentar schreiben